Nachruf auf Martina Müller-Wagner
von Johanna Bonengel
Die Liebe zur Literatur
Die Schriftstellerin Martina Müller-Wagner ist am 28. Juli 2020 gestorben.
Schweinfurt hat eine Künstlerpersönlichkeit verloren, die mit ihrem Schreiben und ihrer Liebe zur Literatur das Kulturleben reich gemacht hat. Zusammen mit der Schweinfurter Autorengruppe SAG gelang es Martina Müller-Wagner, der Literatur in Schweinfurt eine starke, lebendige Stimme zu geben. Sie starb am 28. Juli, bis zum Schluss trotz ihrer Krankheiten immer optimistisch und voller Humor.
Die geborene Würzburgerin fand in Schweinfurt ihren Lebensraum, mit dem sie sich stark identifizierte. Hier lebte sie mit ihrem Ehemann und ihren vier Kindern. Die lebenserfahrene Frau suchte und fand einen Bereich, in dem sie sich entfalten konnte: das literarische Schreiben. Dies war ihr Weg, sich mit Gesellschaft und Umwelt auseinanderzusetzen. Ihr Schreiben umkreiste den Menschen, der verletzbar und selbst verletzend ist. Die Zerbrechlichkeit spiegelt sich in leiser Poesie wider. Ihr Credo: Man muss nicht laut sein, um gehört zu werden. Lyrik und Kurzprosa waren ihre Schwerpunkte. In vielen Veröffentlichungen wird dies deutlich: „Nach außen geranienrot“, „Ein krankes Wort“, „Flüchtige Wahrnehmung“ oder „Ballade an Jonas“. In der Welt der Literaturfreunde eroberte sich Martina Müller-Wagner einen festen Platz. Davon zeugen etliche Literaturpreise.
Ihr Schreiben hatte eine Basis im eigenen Erinnerungs- und Echoraum. Deshalb verarbeitete sie auch ihre Kriegserinnerungen, um zu zeigen, was Menschen alles aushalten müssen und aushalten können. Es war Martina Müller-Wagner sehr wichtig, jungen Menschen die Augen zu öffnen. In Schulen las sie aus ihren literarisch bearbeiteten Kindheitserinnerungen „Die Festung oder Kopf und Kragen“ und fand die passende Sprache, um bei den Schülern verstanden zu werden.
Schreiben war ihr Lebenselement, an dem sie auch andere teilnehmen ließ. Sie wollte ihre Liebe zur Literatur weitertragen. Vor 25 Jahren war sie Mitbegründerin der Schweinfurter Autorengruppe SAG und bis zu ihrem Tod die Sprecherin dieser Gruppe. Sie war das Herzstück, der Motor, sie, die Frau mit Haltung und ausgleichender Kraft. Mit der Autorengruppe rief sie die Offene Lesebühne ins Leben, um auch anderen Mut zu machen zu schreiben. Ihr Stuhl in der Kleinen Kaffeerösterei, in der die Lesebühne ihre Heimat gefunden hat, muss nun leer bleiben.
Johanna Bonengel, im August 2020
Die Mitglieder der im Jahr 1995 gegründeten SAG haben sich eine Satzung gegeben, ohne den Status eines eingetragenen Vereins anzustreben.
Zu Sprechern der SAG wurden Johanna Bonengel und Hanns-Peter Zwissler gewählt.
Ziel der SAG ist es, den Dialog zwischen den Autorinnen und Autoren der Region Schweinfurt zu fördern. In Anerkennung unterschiedlicher literarischer Ausprägungen soll ein von literarischer Qualität getragenes Gruppenprofil bestehen. Die SAG soll ein literarischer Ansprechpartner in der Region sein und deren Literaturszene mitgestalten. Dem dienen die gemeinsamen Auftritte wie z. B. in der Kulturwerksatt Disharmonie und im Literaturhaus in Wipfeld.
Mit der offenen Lesebühne in der Kaffeerösterei sollen auch Nichtmitglieder, insbesondere junge Autorinnen und Autoren angesprochen und ermuntert werden, mit ihren Texten vor die Öffentlichkeit zu treten.
Die SAG sucht den Kontakt zu anderen kulturellen Initiativen und steht mit ihren Mitgliedern in vielfältigem überregionalen Bezug über deren Verlage, errungene Literaturpreise und Mitgliedschaften in überörtlichen literarischen Gruppierungen und Verbänden.
Beim Stöbern in unserer Homepage kann man hierin einige Entdeckungen machen.